Die Spule

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(Kursstufe > Elektro-Magnetismus)

Eine Spule besteht aus einem in Schleifen aufgewickelten Kabel. Häufig wird das Kabel auf einen Kern aus Eisen oder Ferrit gewickelt.

Drei verschiedene Aspekte

Spulen sind unter verschiedenen Gesichtspunkten in Theorie und Praxis von Bedeutung:

Das homogene Magnetfeld einer stromdurchflossenen Spule

Bei einer "schlanken" Zylinderspule ohne Eisenkern kann man annehmen, dass sich das Magnetfeld nur innerhalb der Spule befindet. Das Feld ist dann in Richtung und Stärke homogen. Deshalb spielt das Magnetfeld der Spule bei vielen theoretischen Überlegungen eine große Rolle.
Für das elektrische Feld betrachtet man das Feld eines Kondensators.
So kann man den Energiegehalt des magnetischen Feldes untersuchen und auch Aussagen über das Verhalten von Materie im Magnetfeld[1] machen.

Die Spule als Strom- und Energiespeicher

Magnetfelder können Energie speichern. Zieht man den Nord- und Südpol zweier Festmagnete auseinander, dann wird die dazu benötigte Energie im Magnetfeld gespeichert. Das Feld kann die beiden Pole wieder zusammenziehen, wobei die gespeicherte Energie wieder frei wird. Diese qualtitative Betrachtung haben wir auch für das elektrische und gravitative Feld angestellt.
In elektrischen Schaltungen haben Spulen die Aufgabe kurzfristig Energie in ihrem Magnetfeld und eventuell in ihrem Eisenkern zu speichern. Weil Spulen vor allem auf die Veränderung des Stromes reagieren, spielen sie in der Wechselstromtechnik als eine Art "Trägheit des Stromes" eine große Rolle.
Normale Spulen sind ungeeignet um Energie in größeren Mengen zu speichern, denn durch den ohmschen Widerstand des Kabels erwärmt sich die Spule und die Energie "geht verloren". Verwendet man spezielle supraleitende Kabel, so fällt diese Form des Energie-"Verlustes" weg, weshalb man sie als supraleitende magnetische Energiespeicher nutzt.

Spulen als "Empfänger" von Induktionsspannung

Besonders bei Spulen mit vielen Windungen wird bei einem sich verändernden magnetischen Fluß durch die Spule eine Spannung induziert, was man sich in vielen technischen Geräten zu nutze macht.

Vergleich von Kondensator und Spule

Die quantitativen Beschreibungen einer "schlanken" Zylinder-Spule weisen sehr viele Parallelen zu einem Kondensator auf und auch wesentliche Unterschiede. Durch den Vergleich kann man sich die Eigenschaften beider Bauteile gut klarmachen.

Ähnlichkeiten
  • Ein Kondensator erzeugt beim Anlegen einer Spannung ein elektrisches Feld.
  • Die Spule erzeugt durch einen Stromfluß ein magnetisches Feld.
  • Je größer die Spannung des Kondensators, desto
    • größer die elektrische Feldstärke
    • größer der elektrische Fluß ("Feldlinienanzahl") und die Ladungsverschiebung
  • Je größer die Stromstärke durch die Spule, desto
    • größer die magnetische Feldstärke
    • größer der magnetische Fluß ("Feldlinienanzahl")
  • Der Kondensator speichert Energie
    • im elektrischen Feld und
    • evt. im elektrisch polarisierten Dielektrikum
  • Die Spule speichert Energie
    • im magnetischen Feld und
    • evt. im magnetiserten Eisenkern
  • Die Kondensatoreigenschaften sind festgelegt durch:
    • die Plattenfläche
    • den Plattenabstand
    • das Dielektrikum
  • Die Spuleneigenschaften sind festgelegt durch:
    • die Fläche der Windungen
    • die Länge der Spule
    • den Spulenkern
Unterschiede
  • Das elektrische Feld im Kondensator ist ein Quellenfeld.
    • Feldlinien beginnen bei positiven Ladungen und enden bei negativen.
    • Den Feldflächen kann man ein Potential (in Volt) zuordnen.
  • Das Magnetfeld der Spule ist ein Wirbelfeld.
    • Die Feldlinien sind geschlossen und umschließen den elektrischen Strom.
    • Den Feldflächen kann man keine eindeutigen Werte für ein Potential zuordnen.
  • Bei einer Spule kann man die Stromdichte, bzw. die Empfindlichkeit für Induktionsspannungen durch die Anzahl der Windungen vergrößern.


Formeln
Kondensator Spule

erzeugt ein elektrisches Feld,
dessen Stärke von Spannung und Plattenabstand abhängt.

[math]E=\frac{U}{d}[/math]

[math]H=\frac{n\,I}{l}[/math]

erzeugt ein magnetisches Feld,
dessen Stärke von Stromstärke, Spulenlänge und Windungszahl abhängt.

erzeugt einen elektrischen Fluß[2]
bzw. speichert elektrische Ladung

[math]Q = \epsilon_0 \, \epsilon_r \, E \, A[/math]

[math]n\,\Phi = n\, \mu_0 \, \mu_r \, H\, A[/math]

erzeugt einen magnetischen Fluß

welche von der Spannung
und der Kapazität abhängt

[math]Q = C \, U[/math]

[math]n\,\Phi = L \, I[/math]

welcher von der Stromstärke
und der Induktivität abhängt

speichert Energie im elektrischen Feld

[math]\begin{align} W_{el} &= \frac{1}{2}\,Q\,U\\ &= \frac{1}{2}\,C\,U^2\\ &= \frac{Q^2}{2\,C}\\ \end{align} [/math]

[math]\begin{align} W_{mag} &= \frac{1}{2}\,n\Phi\,I\\ &= \frac{1}{2}\,L\,I^2\\ &= \frac{(n\Phi)^2}{2\,L}\\ \end{align} [/math]

speichert Energie[3] im magnetischen Feld

Die Kapazität berechnet sich aus Plattenfläche, Plattenabstand und relativer Permittivität des Dielektrikums.

[math]C= \epsilon_0 \, \epsilon_r \, \frac{A}{d}[/math]

[math]L= n^2\, \mu_0 \, \mu_r \, \frac{A}{l}[/math]

Die Induktivität berechnet sich aus Windungsfläche, Spulenlänge, relativer Permeabilität des geschlossenen Eisenkerns und Windungsanzahl.

Berechnung der Energiemenge einer Spule

Das verzögerte Einschalten eines Lämpchens mit einer in Reihe geschalteten Spule kann man durch die Selbstinduktion erklären. Erst nachdem der maximale Spulenstrom erreicht ist, wird die gesamte Energie vom Netzgerät an die Lampe geliefert. Vorher wird die Energie benötigt, um das Magnetfeld aufzubauen und den Eisenkern zu magnetisieren.

Die in der Spule gespeicherte Energie kann nur von der Stärke des Maximalstroms und Eigenschaften der Spule, wie Windungsanzahl, usw. abhängen. Es ist insbesondere egal wie der maximale Strom erreicht wird, ob schnell oder langsam, gleichmäßig oder ungleichmäßig.

Zur Berechnung der Energiemenge betrachtet man die "Entladung" der Spule nach der Trennung von der Spannungsquelle. Vorher fließt ein konstanter Strom, dann "entlädt" sich die Spule und gibt die Energie an einen "Verbraucher", wie ein Glimmlämpchen ab.

Die zu einem Zeitpunkt an die Spule übertragene Energie wird von der Leistung bestimmt. Die Gesamtenergie erhält man dann als Integral über die momentane Änderungsrate der Energie vom Beginn ([math]t=0[/math]) bis "viel später" ([math]t=\infty[/math]):

[math] \dot W(t) = P(t)[/math]
[math] W_{mag}= \int_0 ^\infty \dot W(t)\, dt = \int_0 ^\infty P(t)\, dt[/math]

Je größer die Stromstärke und die Selbstinduktionspannung ist, desto größer ist der Energiefluß aus der Spule. Die Leistung ist das Produkt von Spannung und Stromstärke:

[math] W_{mag}= \int_0 ^\infty P(t)\, dt = \int_0 ^\infty U(t)\, I(t) \, dt[/math]

Die Selbstinduktionsspannung ist proportional zur Änderung der Stromstärke, der Proportionalitätsfaktor ist gerade die Induktivität der Spule:

[math] U(t) = - L\, \dot I(t)[/math]

Somit ergibt sich für die Energie der Spule das Integral:

[math] W_{mag}= - L\, \int_0 ^\infty \dot I(t) \, I(t) \, dt[/math]

Es gibt verschiedene Möglichkeiten dieses Integral zu lösen. Am einfachsten ist es "gut zu raten". Eine Stammfunktion ist nämlich [math] \frac{1}{2} \, I(t)^2[/math], was man durch Ableiten mit der Kettenregel bestätigen kann:

[math] \left(\frac{1}{2}\, I(t)^2\right)^{\cdot} = \frac{1}{2}\cdot 2\, I(t) \cdot \dot I(t)[/math]

Also berechnet sich das Integral zu:

[math] W_{mag}= - L\,\int_0 ^\infty \dot I(t) \, I(t) \, dt = L\, \left[\frac{1}{2} I(t)^2 \right]_0^\infty = -\frac{1}{2} \, L\,\left( I(\infty)^2 - I(0)^2 \right)[/math]

Die Stromstärke wird mit der Zeit immer kleiner, insbesondere ist [math]I(\infty)=0[/math]. Und [math]I(0)[/math] ist einfach die ursprüngliche Stromstärke [math]I[/math] der Spule:

[math] W_{mag}= \frac{1}{2} \, L\,I^2[/math]


oder mit der mittleren Leistung

Der Einfachheit halber nimmt man an, dass die Stromstärke linear innerhalb der Zeit [math]t[/math] von [math]I_{max}[/math] auf 0 fällt. Die Stromstärkeänderung ist also konstant, und damit auch die Selbstinduktionsspannung:

[math]U = - L \, \dot I = - L \, \frac{\Delta I}{\Delta t} = - L\, \frac{0-I_{max}}{0-t} = L\, \frac{I_{max}}{t}[/math]

Die Leistung, also die Energieabgabe pro Zeit, fällt ebenfalls linear mit der Zeit, weil die Spannung konstant ist und die Stromstärke linear fällt. Die mittlere Leistung entspricht daher der halben maximalen Leistung:

[math]\bar P = \frac{1}{2}\, P_{max} = \frac{1}{2} \, U\, I_{max}[/math]

Die Energiemenge kann man nun mit der mittleren Leistung über die Zeit berechnen:

[math] \begin{align} W &= \bar P \, t \\ &= \frac{1}{2} \, U\, I_{max} \, t\\ &= \frac{1}{2} \, L\, \frac{I_{max}}{t}\, I_{max} \, t \\ &= \frac{1}{2} \, L \ I^2 \end{align} [/math]


[math][/math]

Fußnoten

  1. Dazu muß das Probematerial in einem geschlossenen Ring angeordnet sein.
  2. Nach der Maxwellschen Gleichung der Elektrostatik ist der elektrische Fluß gerade so groß wie die Ladung auf den Platten.
  3. Es gibt auch strukturelle Ähnlichkeiten zur Berechnung der Bewegungsenergie eines Gegenstands der Masse m mit der Geschwindigkeit v: [math]E_{kin} = \frac{1}{2} \, p \, v = \frac{p^2}{2\, m} = \frac{1}{2}\, m\, v^2[/math]

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