Materiewellen nach de Broglie: Unterschied zwischen den Versionen
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Der Maßstab hat eine 2mm-Einteilung. Der Abstand zwischen Graphitprobe und Schirm beträgt hier L = 135 mm. | Der Maßstab hat eine 2mm-Einteilung. Der Abstand zwischen Graphitprobe und Schirm beträgt hier L = 135 mm. |
Version vom 15. Juli 2017, 10:37 Uhr
(Kursstufe > Welleneigenschaften von Teilchen)
Um alle Phänomene von Licht zu beschreiben, mußten wir sowohl auf das Wellen-, als auch auf das Teilchenmodell zurückgreifen.
Einerseits beschreiben wir Licht als Welle mit gekoppelten elektrischen und magnetischen Feldern[1], andererseits sprechen wir von Photonen, die eine gewisse Energiemenge enthalten[2], eine Masse und einen Impuls besitzen[3].
Es stellt sich daher die Frage, ob nicht auch Gegenstände, die bisher im Teilchenmodell beschrieben wurden, auch Welleneigenschaften haben. Wie zum Beispiel Moleküle, Atome, Atomkerne, Elektronen oder gar Gegenstände wie Bücherregale. Luis de Broglie[4] verfolgte diesen Gedanken als erstes konsequent und erhielt dafür 1929 den Physik-Nobelpreis.
Welche Frequenz oder Wellenlänge sollte dann so einer Welle zugeordnet werden? Bisher kennen wir nur die Energie, Masse und den Impuls eines Photons:
- [math]E=m\,c^2=h\,f \qquad p=\frac{h}{\lambda}[/math]
Bei der Berechnung der Energie und der Masse ist es wesentlich, dass das Photon sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Dies ist aber bei Atomen und anderen Teilchen nie der Fall, daher ist es sinnvoll den Zusammenhang von Impuls und Wellenlänge zu verallgemeinern. Diese Wellenlänge bezeichnet man nach de Broglie auch als de Broglie-Wellenlänge:
Die Broglie-Wellenlänge eines Teilchens mit dem Impuls p:
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Welche Wellenlängen haben dann zum Beispiel ein Elektron mit 10% der Lichtgeschwindigkeit und welche ein Fußball mit 10m/s?
- Elektron: [math]\lambda = 2{,}4\cdot10^{-11}\,\rm m \text{ }[/math] Das ist im Bereich der Röntgenstrahlung.
- Fußball: [math]\lambda = 1{,}3\cdot10^{-34}\,\rm m \text{ }[/math] Das ist extrem klein! Schon ein Proton ist ca. [math]2\cdot10^{-15}\,\rm m \text{ }[/math] groß.
Um typische Welleneigenschaften, wie Beugung und Interferenz nachzuweisen, braucht man ein Doppelspalt oder ein Gitter in der Größenordnung der Wellenlänge. Für Elektronen kommen deshalb Kristallgitter in Frage, deren Atomabstände im Bereich der Wellenlänge von Röntgenstrahlung liegen. Bei makroskopischen Objekten, wie dem Fußball, ist die de Broglie-Wellenlänge so klein, dass Beugungs- oder Interferenzerscheinungen nicht beobachtet werden können.
Inhaltsverzeichnis
Elektronenbeugung Debye-Scherrer-Verfahren
Aufbau
In einer Kathodenstrahlröhre wird ein Elektronenstrahl erzeugt: Aus einer geheizten Glühwendel treten Elektronen aus, die durch ein elektrisches Feld von einigen Kilovolt Potentialdifferenz beschleunigt werden. Der Elektronenstrahl trifft dann auf gepresstes Graphitpulver. Zum Nachweis der Elektronen dient ein fluoreszierender Schirm.
Die Hochspannung wird zwischen 1kV und 5kV variiert. (Mehr als 5kV sollten es nicht sein, weil sonst zu kurzwellige Röntgenstrahlung entsteht.)
Beobachtung
Bei geringer Beschleunigungsspannung ist ein heller Fleck in der Mitte des Schirm zu sehen. Der Rest des Schirms ist dunkel.
Je größer die Spannung wird, desto heller ist der Fleck, aber auch der Bereich darum wird immer heller.
Bei 2kV sind um den Fleck zwei konzentrische Kreise zu beobachten. Vergrößert man die Spannung weiter, so verkleinert sich der Radius dieser Kreise.
Radius des großen Kreises bei 3kV: R=2,5cm mit L=133mm
- Animation
Diese Bilder zeigen die Messergebnisse des RCLs der Universität der Bundeswehr in München.
Mit dem Schieberegler kann man die Beschleunigungsspannung in KiloVolt einstellen.
Der Maßstab hat eine 2mm-Einteilung. Der Abstand zwischen Graphitprobe und Schirm beträgt hier L = 135 mm.
Erklärung
Man nimmt an, das die Elektronen Welleneigenschaften haben, also verwenden wir das Huygensche Prinzip und die Interferenz von Wellen zur Erklärung.
Ordnet man den Elektronen ihre de Broglie-Wellenlänge zu, so ist es logisch, dass bei größeren Spannungen das kleinere Interferenzmuster zu sehen ist. Denn die größerere Beschleunigung führt zu einem größerem Impuls und damit zu einer kleineren Wellenlänge. Auch bei den Interferenzexperimenten mit Licht ist das Muster des roten Lichtes immer größer als das des blauen Lichtes.
Für eine genauere Betrachtung muss man die Interferenzbedingungen untersuchen. Die Atome sind in einem Kristall regelmäßig angeordnet. Die Atome bilden Ebenen, die wiederum einen festen Abstand voneinander haben.
Jedes Atom im Kristall kann als Ausgangspunkt einer Elementarwelle gesehen werden.
- Die Elementarwellen einer Ebene überlagern sich dabei zu einer reflektierten Welle, nach dem Reflektionsgesetz und einer unverändert weiterlaufenden Welle[7]. Eine Atomebene verhält sich also wie ein Spiegel.
- Durch die Reflektion an unterschiedlichen Atomebenen entsteht ein Gangunterschied, ähnlich wie bei der Interferenz an dünnen Schichten. Beträgt dieser Gangunterschied ein Vielfaches der Wellenlänge, so liegt konstruktive Interferenz (ein Maximum) vor.
Der Gangunterschied hängt vom Ebenenabstand und dem Winkel zwischen Ausbreitungrichtung und Atomebene ab.
Animation: Braggsche Interferenz-Bedingung
Dargestellt sind zwei Atomebenen im Abstand d. Man kann den Winkel des einfallenden Elektronenstrahls durch Ziehen am orangenen Punkt verändern.
Nur bei bestimmten Winkeln ist der Gangunterschied ein Vielfaches der Wellenlänge. Für diese Fälle liegt konstruktive Interferenz vor.
Der Zusammenhang zwischen Winkel des Elektronenstrahls, dem Atomebenenabstand und der Wellenlänge ergibt sich einfach aus dem Sinus im rechtwinkligen Dreieck:
- [math]\sin(\varphi)=\frac{\triangle s /2}{d}[/math]
Braggsche Interferenzbedingung für das n-te Maximum:
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Animation: Maxima des Debye-Scherrer-Verfahrens / Pulver-Verfahrens
Bei der Debye-Scherrer oder Pulver-Methode verläuft der einfallende Elektronenstrahl immer in der gleichen Richtung und die kleinen Kristalle des Pulvers haben alle möglichen Ausrichtungen.
Dargestellt ist einer der vielen kleinen Kristalle des Pulvers. Der Kristall kann in seiner Lage durch die Angabe des Winkels φ verändert werden.
Die Wellenlänge des Elektronenstrahls und der Abstand d der Atomebenen und kann am Schieberegler verändert werden.
Für manche Winkel ist die Braggsche Interferenzbedingung für das erste, zweite, usw. Maxima erfüllt. Im Pulver sind die kleinen Kristalle in allen möglichen Lagen vorhanden, weswegen es auch für alle Winkel Kristalle gibt, welche die Interferenzbedingung erfüllen.
Trifft der Elektronenstrahl auf den fluoreszierenden Schirm, so sieht man dort einen Fleck. Dadurch kann man die Maxima als helle Kreise auf dem Schirm sehen.
Gemessen wird der Abstand L zwischen Schirm und Graphit, sowie die Entfernung R des Maximas von der Achse. Der Winkel zwischen den Elektronenstrahlen hinter dem Graphit beträgt [math]2\, \varphi[/math]. Das kann man daran erkennen, daß die Atomebenen des Kristalls gerade parallel zur Winkelhalbierenden der Elektronenstrahlen liegen. Nun gilt:
- [math]\tan(2\, \varphi)=\frac{R}{L}[/math]
Für kleine Winkel gelten die Näherungen:
- [math]\frac{R}{L} = \tan(2\, \varphi) \approx 2\, \varphi \approx 2 \sin(\varphi)[/math]
Das kann man nun in die Bragg-Bedingung einsetzen:
- [math]d\, 2 \sin(\varphi)=\triangle s \quad \mathrm{ mit} \ \triangle s = n\, \lambda[/math]
[math] d \, \frac{R}{L} = n \, \lambda[/math]
Berechnung der atomaren Abstände
Nimmt man die Wellenlänge als gegeben an, kann man die Abstände der Atomebenen berechnen.
- 1) Energie der Elektronen
Die Elektronen durchlaufen die Potentialdifferenz [math]U[/math] und beschleunigen dabei. Die Energie, die sie aus dem elektrischen Feld erhalten, ist daher so groß wie ihre kinetische Energie:
- [math]e\, U = \frac{1}{2}\,m\,v^2[/math].
Bei 3kV hat ein Elektron z.B. die Energie: [math]E=1{,}6\cdot10^{-19}\,\rm{C} \cdot 3 \cdot10^{3}\,\rm V = 4{,}8\cdot 10^{-16}\,\rm J[/math]
- 2) Geschwindigkeit und Impuls der Elektronen
Einfach nach der Geschwindigkeit auflösen:
- [math]v=\sqrt{\frac{2\, e\, U}{m}}[/math]
Bei 3kV sind das [math]32500000\, \frac{\rm m}{\rm s}[/math], also ca. 10% der Lichtgeschwindigkeit.
Der Impuls ergibt sich dann zu:
- [math]p= m\, \sqrt{\frac{2\, e\, U}{m}} = \sqrt{2\, m\, e\, U} [/math]
Bei 3kV ergibt sich ein Impuls von [math]2{,}96\cdot 10^{-23}\,\rm Hy \quad (\rm N s)[/math].
- 3) de Broglie-Wellenlänge der Elektronen
- [math]\lambda=\frac{h}{p}=\frac{h}{\sqrt{2\, m\, e\, U}}[/math]
Bei 3kV ergibt sich eine Wellenlänge von [math]2{,}24\cdot 10^{-11}\,\rm m = 0{,}0224\,\rm nm[/math].
- 4) Abstand d berechnen
Die Interferenzbedingung nach d auflösen:
- [math] d \, \frac{R}{L} = n \, \lambda \quad \Rightarrow \quad d = \frac{ n \, \lambda \,L}{R}[/math]
Und die Wellenlänge einsetzen:
- [math] d = \frac{n \,h\, L}{R\, \sqrt{2\, m\, e\, U}}[/math]
Für die gemessenen Größen des 1. Maximums bei 3kV: R=2,5cm und L=13,3cm ergibt sich:
- [math]d = 1{,}2\cdot 10^{-10}\,\rm m = 0{,}12\,\rm nm[/math]
Berechnung der Elektronen-Wellenlänge
Kennt man den Atomebenenabstand bereits, zum Beispiel aus einer Messung mit Röntgenlicht, so kann man daraus die Wellenlänge der Elektronen berechnen und so die de-Broglie-Wellenlänge bestätigen.
Fußnoten
- ↑ Siehe: Grundbegriffe und Beispiele zu elektromagnetischen Wellen
- ↑ Siehe: Der Photoeffekt
- ↑ Siehe: Masse & Impuls von Photonen - Der Compton-Effekt
- ↑ Siehe: Wikipedia: Louis de Broglie Dort kann man sich auch die korrekte Aussprache dieses französischen Namens anhören.
- ↑ Siehe Wikipedia: Graphite, Structure
- ↑ Siehe Wikipedia: Graphite, Structure
- ↑ Vgl. Reflektion und Brechung einer Welle
Links
- Leybold, Handblätter Physik: Elektronenbeugung an einem polykristallinen Gitter (Debye-Scherrer-Beugung)
- Zur Elektronenbeugung an Graphit (Robert Schwanker Markus Eisenwirth, Institut für physikalische Chemie, Uni München)
- Elektronen beugung an Graphit ("LP" Lehrportal der Universität Göttingen)
- Ferngesteuertes Labor "Remotely Controlled Laboratories - RCLs" Dem Link "Elektronenbeugung" folgen.
- Stundenprotokoll Elektronenbeugung
- Skript: Materiewellen, teilweise auf Uni-Niveau; Walther-Meißner-Institut (WMI), Technische Universität München